Zwei intensive Wochen liegen hinter mir – zum Ende belohnt mit dem Biersommelier-Diplom und einer nachhaltigen Bereicherung an Wissen, Wahrnehmung und Persönlichkeiten. Nicht dass ich die Ausbildung im Vorfeld auf die leichte Schulter genommen hätte, doch mit einem solch breiten und teilweise tiefem Pensum hatte ich dann doch nicht gerechnet. Auch wenn ich nicht unbedingt an meine Leistungsgrenze kam, so kann Lernen unter anhaltendem Bierkonsum zeitweise schon eine Belastungsprobe darstellen. Aber zurück auf Null.
Zwar brachte ich im Gegensatz zu vielen meiner Mitstreiter keinen professionellen Kontext mit, aber im Laufe meiner Hobbybrauerjahre konnte ich ein gutes Fundament bezüglich Rohstoffe, Brau- und Gärprozesse herausbilden. Auch schienen ausreichend Kenntnisse hinsichtlich der Bierstile vorhanden, entweder wurden diese schon einmal im Zuge eines Brauvorgangs umgesetzt oder zumindest verkostet. Für den Bereich „Pairings“ hatte ich im Vorfeld das Buch Bier kombiniert: Das passende Bier zu jeder Speise von Karl Schiffner und Sepp Wejwar studiert.
Ich hatte mich für einen zusammenhängenden zweiwöchigen Kurs entschieden. Die Veranstaltungen gingen täglich von 08:00 bis 17:30 Uhr und wurden Abends meist mit einem Rahmenprogramm abgeschlossen, beispielsweise Besuch im Bier und Oktoberfest Museum, diverse Brauhäuser, Tap-House oder internen Verkostungen.
Die erste Woche fand in Gräfelfing bei München in der Doemens Genussakademie statt. Neben Braugeschichte stand hier vor allem der theoretische Teil im Vordergrund (Rohstoffe, Brauprozess, Sensorik, Hygiene & Bierausschank) flankiert von zahlreichen Verkostungen unterschiedlicher Bierstile und Fehlaromen. Abgeschlossen wurde die Woche am Samstag mit einer kleinen praktischen Prüfung, in welcher Bierfehler und Bierstile analysiert und zugewiesen werden sollten. Danach hatte ich Gelegenheit bei meiner Gastfamilie im Rahmen eines Grillabend den Sommelier-Kollegen Marc Gallo kennenzulernen, der sich gerade im Aufbau seiner eigenen Marke „Hopfmeister“ befindet und uns durch sein Sortiment ausgezeichneter Bierkreationen führte.
Am Sonntag hieß es dann Aufbrechen nach Österreich. Mit einigen Zwischenstopps und Gasthausbesuchen (Schönramer etc.) erreichten wir Obertrum, Sitz der Trumer Brauerei und des Kiesbyes Bierkulturhauses, in welchem die zweite Ausbildungswoche stattfinden sollte. Dieser Teil erwies sich als deutlich praxisorientierter: so fand ein gemeinsamer Brausud statt, ein Ausflug nach Salzburg, bei dem wir in kleineren Gruppen ausgewählte Brauereien und Gasthäuser aufsuchten und nach festen Kriterien bewerteten, sowie in einem ansässigen belgischen Bierlokal Kunden beraten und bedienen sollten. Umrahmt wurde die Woche mit zahlreichen Bier-Pairings (Schokolade, Käse, etc.), sowie einem Kochkurs mit Bierprodukten. Aber auch die Theorie kam nicht zu kurz, hier sind vor allem die Themen Gläserkunde, Vintage-Biere, Fasslagerung, Bier & Recht, Bier & Gesundheit zu nennen. Abgeschlossen wurde das ganze mit dem Besuch der Trumer Brauerei.
Abgeschlossen wurde der Kurs mit einer schriftlichen Prüfung (Multiple Choice) über wirklich alles, was einem in den letzten zwei Wochen vermittelt wurde – und das war eine ganze Menge. Darüber hinaus gab es eine praktisch mündliche Prüfung, welche von Karl Schiffner abgenommen wurde. Hier ging es vor allem um das richtige Zapfen, sowie Food Pairings und biergeschichtliche Aspekte. Ebenfalls in die Gesamtbeurteilung flossen ein: die Ausarbeitung und Präsentation eines Bierevents, sowie die Erstellung einer Bierkarte.
Selbstverständlich wurde der Abschluss standesgemäß gefeiert und ihm Rahmen eines Abendessens die Diplome und Preise für die 3 besten Absolventen übergeben. Die Rückreise nach Berlin fand dann am Folgetag statt, allerdings nutzten Sommelier-Kollege Hagen Grosspietsch und ich die Gelegenheit einen Zwischenstop in Bamberg einzulegen, wo uns Markus Raupach im Schlenkerla empfing und uns anschließend durch die dort ansässige Bierlandschaft trieb.
Ich werde immer wieder gefragt, ob sich denn die Ausbildung wirklich lohne, da diese ja auch mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sei. Letztendlich kann ich das nicht für jedermann beantworten, denn Ausgangspunkte und Ziele der Einzelnen sind individuell verschieden. Für mich kann ich festhalten, dass es eine tolle Erfahrung war, die ich im Nachhinein nicht missen möchte und an der ich noch lange zehren werde, nicht nur fachlich, sondern auch im Hinblick auf außergewöhnliche Persönlichkeiten, die ich unter den Teilnehmern und vor allem Ausbildern kennenlernen durfte. Vielen Dank an Axel Kiesbye, Jens Luckart, Karl Zuser Jun, Dr. Michael Zepf, Nicola Buchner, Dr. Wolfgang Stempfl und alle bereits oben genannten.